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Nicht nachweisbar aber deutlich spürbar. Welche Bedeutung hat das U=U-Statement für meine Lebensqualität?

Viele Menschen, die mit HIV leben, befürchten, dass sie ihren Partner:innen beim Sex das Virus übertragen könnten. Eine dauerhaft erfolgreiche Therapie senkt die Viruslast so weit, dass mit den gängigen Methoden keine Viren im Blut mehr nachweisbar sind. Liegt die Viruslast durchgehend unter der Nachweisgrenze, wird das Virus nicht auf andere Menschen übertragen. Kurzum: nicht nachweisbar bedeutet nicht übertragbar (N=N; auf Englisch: Undetectable=Untransmittable, U=U).

Das Ziel jeder HIV-Therapie ist, die Vermehrung der HI-Viren im Körper zu vermindern und sie so weit zurückzudrängen, dass sie im Blut so gut wie nicht mehr nachweisbar sind. Die sogenannte Viruslast, die gesamte Menge der Viren im Blut, soll unter diese Nachweisgrenze gedrückt werden. Das ist erreicht, wenn maximal nur noch 50 Viruskopien pro Milliliter Blut gezählt werden können.

Liegt die Viruslast dauerhaft unter dieser Grenze, wird das Virus nicht auf andere Menschen übertragen. Konkret bedeutet dies: Eine Person, die mit HIV lebt, und unter einer durchgehend erfolgreichen Therapie ist, die die Viruslast so weit senkt, dass mit den gängigen Methoden keine Viren im Blut mehr nachweisbar sind, ist demnach nicht ansteckend. Ganz knapp: nicht nachweisbar bedeutet nicht übertragbar (N=N; auf Englisch: Undetectable=Untransmittable, U=U).

Die wesentliche Rolle dabei, dass dieses Wissen – das «U=U-Statement» – in die Öffentlichkeit getragen wurde, spielte 2008 die Eidgenössische Kommission für Aidsfragen, die EKAF (seit 2020: Eidgenössische Kommission für Fragen zu sexuell übertragbaren Infektionen), als sie das sogenannte «Swiss Statement» publizierten:

«Wenn eine HIV-positive Person, die keine andere sexuell übertragbare Erkrankung hat, und durch die regelmässige Einnahme der antiretroviralen Therapie (ART) die Anzahl der Viren so weit gesunken ist, dass sie nicht mehr nachweisbar sind, kann das HI-Virus nicht durch sexuelle Kontakte übertragen werden.»

Trotz dieser wissenschaftlich belegten Erkenntnisse ist dies in der Schweiz heutzutage noch rund 80% aller Menschen nicht bewusst, was auch weiterhin zu den verbleibenden Vorurteilen gegenüber Menschen, die mit HIV leben, beiträgt.

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Damit U=U möglich ist, müssen einige Bedingungen erfüllt sein:

01

Das Virus muss seit mindestens sechs Monaten und dauerhaft unter der Nachweisgrenze sein.

02

Die HIV-Therapie wird korrekt durchgeführt. Das bedeutet, dass die Person, die mit HIV lebt, der Therapie wie indiziert folgt.

03

Die Person geht regelmässig zu Kontrolluntersuchungen zu ihrer medizinischen Fachperson. Im Rahmen dieser Untersuchungen wird in einer Blutprobe analysiert, ob die Viruslast immer noch unter der Nachweisgrenze liegt.

04

Die Person hat keine Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern.

Für eine erfolgreiche HIV-Therapie sind die Therapietreue (Adhärenz) und die Kontrolluntersuchungen sehr wichtig. Sie gewährleisten, dass die Viruslast konstant unter der Nachweisgrenze gehalten wird. Wird der HIV-Therapie nicht wie indiziert gefolgt, kann die Viruslast im Blut wieder ansteigen – und dann ist es möglich, dass zum Beispiel HI-Viren bei sexuellen Kontakten auf andere Personen übertragen werden. Wird die HIV-Therapie unterbrochen, steigt die Viruslast sehr schnell: Schon nach 10-20 Tagen sind die Viren im Blut nachweisbar, und etwa alle zwei Tage verdoppelt sich ihre Anzahl im Blut. Das Risiko für eine Virus-Übertragung beim Sex steigt somit an.

Das Prinzip «U=U» hat zahlreiche Vorteile und positive Auswirkungen – sowohl für Menschen, die mit HIV leben, als auch für ihre Partner:innen. Viele können ihre Sexualität freier und freudvoller ausleben, wenn die Sorge um eine Ansteckung mit HIV wegfällt, und empfinden weniger Selbststigma, was die mentale Gesundheit verbessert. Manche Menschen, die mit HIV leben, sind auch stärker für die Behandlung mit einer HIV-Therapie motiviert, wenn sie wissen, dass sie damit ihre Partner:innen schützen.

Für Paare mit Kinderwunsch, bei denen eine Person mit HIV lebt, bedeutet «U=U» ebenfalls eine grosse Erleichterung. Noch vor 20 Jahren konnten solche Paare nur mit Hilfe von Fortpflanzungsmethoden ein Kind zeugen, wenn sie sicher sein wollten, dass bei der Zeugung keine Übertragung von HI-Viren stattfindet. Und das Risiko, dass eine schwangere Frau, die mit HIV lebt, das Virus während der Schwangerschaft oder der Geburt auf ihr Kind überträgt, ist deutlich gesunken.

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Folge Deiner HIV-Therapie nach Vorschrift und in den vorgesehenen zeitlichen Abständen, damit Deine Viruslast unter der Nachweisgrenze bleibt.

Das wirkt sich nicht nur auf Deine eigene Gesundheit positiv aus, sondern schützt auch Deine Sexualpartner:in.

Weiterführende Informationen: Hoffmann C, Rockstroh J: HIV 2022/2023; www.hivbuch.de. | Positive Life – Wie führt man ein gutes Leben mit HIV? https://positive-life.ch. | EACS (European AIDS Clinical Society) Guidelines 2023; https://eacs.sanfordguide.com. | Grabinger T, Gattiker M, Haerry D, Braun DL and Darling K. Public Knowledge, Views, Perceptions & Attitudes towards HIV and People with HIV in Switzerland – Results of a National Survey. Swiss Society of Infectious Diseases (SSI) Annual Conference; August 28-30, 2024; Bern, Switzerland; P040.

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